Das letzte Training vor dem Abflug im Rewe Sportpark: Der KTHC WM Ausblick

Von Markus Lehnen
Das letzte Training auf deutschem Boden

Bevor bereits an diesem Freitag in Frankfurt am Main der Flieger Richtung Indien startet, trafen sich die für die Hockey WM nominierten Spieler aus dem Westen ein letztes Mal, um auf dem DHB Bundestützpunkt des Rot-Weiss Köln ihre letzte Trainingseinheit auf deutschem Boden abzuhalten. Köln war für die diese Maßnahme nicht zufällig gewählt, stellt der KTHC doch mit sieben Spielern und seinem Cheftrainer Pasha Gademan (der bei der WM wieder als Co-Trainer von André Henning agiert) den größten Vereinsblock im Kader für die WM in Indien. Bei eher herbstlichen Wetter konnten die Spieler, u.a.mit dabei auch Lukas Windfeder von Uhlenhorst Mülheim und Niklas Wellen vom Crefelder HTC, unter, vom Wetter abgesehen, perfekten Bedingungen noch einmal an ihrem Spiel arbeiten, um in Indien die erste WM Medaille des DHB seit 2010 zu erspielen.

Die WM 2023
Gespielt wird die Weltmeisterschaft mit einem Jahr Verzögerung vom 13.-29. Januar im Osten Indiens, in den Städten Bhubaneswar und Rourkela. In Rourkela entstand dafür ein hochmodernes, brandneues Hockeystadion für 20000 Zuschauer. Im Stadion von Bhubaneswar, wo bereits die letzte WM 2018 stattfand, finden 15000 Zuschauer Platz. Titelverteidiger sind die Belgier um Kölns Stargoalie Vincent Vanasch, die 2018 auf dem Weg zum Titel im Viertelfinale das deutsche Team besiegten. Genau auf diese Belgier trifft das deutsche Team am 2.Gruppenspieltag am 16.1., die weiteren Gegner lauten Japan (14.1.) und Südkorea (20.1.). Die Anstoßzeit ist dabei immer 14.30 Uhr MEZ, 19.30 Uhr Ortszeit. Sollte das deutsche Team Gruppensieger werden, ist man direkt fürs Viertelfinale qualifiziert, die jeweils 2.und 3.platzierten Teams der vier Gruppen bestreiten ein Achtelfinale gegen das jeweils schlechter oder besser platzierte Team der Parallelgruppe (A-B und C-D). Alle Spiele, die deutschen mit deutschem Kommentator, sind beim Streamingdienst DAZN zu sehen.

Der deutsche Kader

In der Folge werde ich die sieben Rot-Weiss Spieler, die ich am Mittwoch jeweils kurz interviewen konnte, genauer vorstellen. Dazu kommen noch André Henning (mit Interview), Pasha Gademan und Philipp Ibe. Den kompletten Kader findet man unter folgendem Link: https://magazin.hockey.de/articles/zwei-kader-fuer-zwei-grossereignisse

Die Youngster

Jean Danneberg, 20 Jahre, Tor: Jean Danneberg ist erst 20 Jahre, kann aber bereits auf einige Bundesligaerfahrung bauen. Beim Mannheimer HC teilte er sich mit Lukas Stumpf die Einsätze und gewann als Nr eins den Hallen DM Titel 2022 mit dem MHC. Im Sommer wechselte er zu Rot-Weiss Köln und ist dort die Nummer zwei hinter Vincent Vanasch. Als Nummer zwei ist er auch bei der WM eingeplant, die unumstrittene Nummer eins ist Alexander Stadler, der seit dieser Saison in den Niederlanden für HC den Bosch spielt. Ebenfalls im Sommer gewann Danneberg als Nummer eins der U21 Nationalmannschaft die Silbermedaille bei der EM in Ghent.
M. Lehnen:,, Jean, bist du überrascht als Nummer zwei von Rot-Weiss mit zur WM zu fahren?
Jean Danneberg:,, Das war schon immer das Ziel, aber ich glaube vor einem Jahr hätte ich doch meine Zweifel gehabt. Im letzten Jahr ist aber sehr viel passiert und es hat sich einfach so ergeben, dass ich seit Jahresbeginn immer bei den Honamas dabei war, daher war es dann auch keine Überraschung mehr für mich.“
M. Lehnen:,, Sammelst du als Nummer zwei bei dieser WM im Hockeyland Indien in erster Linie wertvolle Erfahrung?“
Jean Danneberg:,, Es gibt nichts geileres, als eine Weltmeisterschaft vor 15, 20000 Indern zu spielen. Das dazu bei dem Turnier, wo die besten Leistungen der Welt gebracht werden. Auch wenn ich tatsächlich nicht zum Einsatz kommen sollte, nehme ich natürlich viel mit und unterstütze die Jungs. Als Erfahrung ist so ein Turnier Gold wert, vor allen in meinen jungen Jahren bringt mir das richtig viel für die Zukunft, in der ich vielleicht dann auch spielen kann.“
Thies Ole Prinz, 24 Jahre, Sturm
Der gebürtige Berliner Prinz spielt bereits seit 2018 für den KTHC und ist aktuell mit sieben Treffern der 2.beste Torschütze im Kader der Domstädter. In Bhubaneswar gewann Prinz 2021 bereits mit der deutschen U21 Nationalmannschaft die Silbermedaille.
M. Lehnen:,, Thies, das ist deine 1.Weltmeisterschaft bei den Erwachsenen, wie viel Vorfreude hast du?“
Thies Ole Prinz:,, Ich habe schon sehr viel Bock auf das Turnier. Ich war bisher nur einmal in Indien, bei der U21 WM, da habe ich schon meine Erfahrungen gemacht vor so vielen Leuten zu spielen. International war das bisher mein coolstes Erlebnis, deswegen freue ich mich schon sehr auf meine 1.WM, mein 1.großes Turnier überhaupt und kann es kaum abwarten endlich dort zu spielen.“
Die erfahrenen WM Debütanten
Timur Oruz, 28 Jahre, Mittelfeld
Es ist eigentlich kaum zu glauben, aber für den 28-jährigen KTHC Modellathleten Timur Oruz wird es die 1.WM überhaupt werden. Oruz, der seit 2015 bei Rot-Weiss spielt und in dieser Zeit u.a. auf dem Feld dreimal deutscher Meister wurde, verpasste die WM 2018 verletzungsbedingt. Auch in diesem Jahr verletzte er sich in der Saisonvorbereitung, kehrte aber gerade rechtzeitig zum letzten Feldhockey Bundesligaspiel des Jahres beim UHTC zurück aufs Feld.

  1. Lehnen:,, Das ist deine 1.WM, wie froh bist du, dass es diesmal nach deiner Verletzung endlich klappt?“

Timur Oruz:,, Genau, es war ja tatsächlich wieder so, dass ich letztes Jahr noch eine Knie OP hatte, daher war die Angst berechtigt, dass es wieder eng werden würde. Dadurch ist die Freude riesig, dass ich es persönlich geschafft habe und mit dem Team nach Indien fahren darf. Ich bin sehr gespannt, was uns dort erwartet und was wir holen werden.“

Moritz Trompertz, 27 Jahre, Mittelfeld
Eigentlich war für KTHC Mittelfeldallrounder Moritz Trompertz das Kapitel Nationalmannschaft bereits geschlossen, doch André Henning wollte die Klasse des Kölner Urgesteins nicht missen und holte ihn zurück ins internationale Hockey. Trompertz steht bereits seit 2012 im Kader der Kölner und gewann in dieser Zeit alleine auf dem Feld fünf Meistertitel, jetzt bestreitet er seine 1.Weltmeisterschaft.

  1. Lehnen:,, Wenn dir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass du zur WM fährst, hättest du das geglaubt?“

Moritz Trompertz:,, Vor zwei Jahren wahrscheinlich nicht, weil ich da selber gesagt hätte, dass ich nicht mehr anfangen möchte. Als ich mich dazu entschlossen hatte nochmal angreifen zu wollen, hätte ich mich aber gefreut. Das Jahr ist gut gelaufen, ich bin gut in Form, es passt also alles. Indien ist natürlich immer aufregend und ich bin gespannt, was uns dort erwarten wird.“

Der Abwehr- und Eckenspezialist
Tom Grambusch, 27 Jahre, Abwehr

Für Abwehrspieler und Eckenspezialist Tom Grambusch ist es bereits die 2.WM, doch u.a. Olympia in Tokio verpasste der viermalige deutsche Feldmeister aufgrund einiger hartnäckiger Verletzungen. Jetzt ist Grambusch aber wieder 100% fit, erzielte bereits in der Bundesliga Hinrunde sechs Tore und war wichtiger Bestandteil der mit Abstand besten Defensive der Liga.

  1. Lehnen:,, Fünf Jahre sind seit deiner 1.WM vergangen, seitdem hattest du einige Verletzungspausen. Wie froh bist du wieder mit dabei zu sein?“

Tom Grambusch:,, Schon froh, ich freue mich sehr auf die WM. Ich bin in einer guten Verfassung, fühle mich gut und bin seit über einem Jahr unfallfrei durch die Saisons gekommen. Ich habe richtig Lust bei der WM zu spielen.“

  1. Lehnen:,, Hast du dir schon einen Trick überlegt KTHC Kollege Vincent Vanasch im Gruppenspiel die ein oder andere Ecke ins Tor zu schießen?“

Tom Grambusch:,, (Lacht) Wenn das so einfach wäre, wäre er nicht der beste Torwart der Welt. Ich denke aber, dass wir einen Plan haben werden. Aber es ist natürlich spannend gegen einen Torwart zu spielen mit dem du jede Woche zusammen auf dem Platz stehst.“
Die Routiniers

Christopher Rühr, 29 Jahre, Sturm

Köln langjährige Torgarantie Christopher Rühr bestreitet in Indien bereits seine 3.WM, nur Niklas Wellen (172 Einsätze) und Mats Grambusch (177) haben mehr oder genau so viele Honamasspiele auf dem Konto wie Rühr. In Rio gewann er 2016 die Bronzemedaille, dazu kamen u.a. drei Meistertitel mit dem KTHC auf dem Feld und Medaillen bei Europameisterschaften.

  1. Lehnen:,, Wie wichtig war es heute noch mal hier auf eigenem Platz zu trainieren, was erwartest du von deiner 3.WM und wie wichtig ist der große Rot-Weiss Block?

Christopher Rühr:,, Es war gut, dass wir uns nochmal hier getroffen haben um zu trainieren, das ist schon immer Training auf extrem hohem Niveau. Ich gehe mit Vorfreude in die WM, vor so vielen Zuschauern zu spielen ist immer noch was Besonderes, auch wenn ich schon viele große Turniere gespielt habe. Zum 1.mal seit einigen Jahren habe ich auch wieder das Gefühl, dass wir um den Titel mitspielen können. Ich glaube der Staff und die Truppe bieten eine besondere Mischung, einfach supergeile Jungs und ein unglaubliches Know How im Staff. Dementsprechend bin ich guter Dinge. Der große Rot-Weiss Block hilft ohne Frage. Wir haben den stärksten Kader in der Liga, dass wir jetzt hier den größten Block stellen ist auch logisch. Die Eingespieltheit, die wir haben, mit dem Stil, das prägt auch die Nationalmannschaft. Dazu kommen noch die Topspieler aus den anderen Vereinen, das ist schon vielversprechend.“
Mats Grambusch, 30 Jahre, Mittelfeld, Kapitän

Auch für Rot-Weiss und Honamas Kapitän Mats Grambusch wird es bereits die 3.WM werden. Auch er gewann Olympiabronze in Rio, einige EM Medaillen, aber stand bei der WM noch nicht auf dem Treppchen. Dafür gewann der Taktgeber im Mittelfeld mit dem KTHC bereits vier Feldmeisterschaften, einen EHL Titel (ebenso wie T.Grambusch, Oruz, Rühr und Trompertz) und prägt seit 2013 das Spiel der Domstädter.

  1. Lehnen:,, Seid ihr bereit für die Wetterumstellung (Windböen fegten in dieser Sekunde durch den Rewe-Sportpark)?“

Mats Grambusch:,, Für hier ist das Wetter ja noch recht normal und warm. Ab Freitag begegnen wir 35°C und 70% Luftfeuchtigkeit, das ist schon etwas anderes. Aber dann haben wir auch noch eine Woche um uns zu akklimatisieren, am Wetter wird’s nicht liegen, das taugt nicht als Ausrede.“
M. Lehnen:,, Es ist deine 3.WM, du bist noch ohne Medaille. Bist du diesmal besonders motiviert?“
Mats Grambusch:,, Größer ist meine Motivation nicht, denn auch davor wollte ich das Maximale gewinnen, und das ist nun einmal die Goldmedaille. Doch diesmal bin ich überzeugt, dass wir eine Mannschaft haben, die das auch erreichen kann, wenngleich wir nicht auf Platz eins der Weltrangliste stehen und uns bewusst ist kein Topfavorit zu sein. Nach dem letzten halben Jahr bin ich aber schon sehr selbstbewusst und vertraue in unsere Stärke. Ich denke, dass wir besser abschneiden werden als die letzten beiden Male.“
Der Coach

Pasha Gademan, 34 Jahre, Co- Trainer
Der in Almere lebende Niederländer Pasha Gademan stieß 2020 zum Trainerteam des KTHC. Als Co- Trainer unter André Henning wurde er mit Köln bereits deutscher Meister 2021. Zusammen führten die beiden auch die kanadische Hockeynationalmannschaft zu den olympischen Spielen nach Tokio, wo sie immerhin ein Spiel gewannen. Seit Februar 2022 ist Gademan Cheftrainer des KTHC und holte auf Anhieb im letzten Juni den deutschen Meistertitel. Bei dieser WM kommt das eingespielte Team Henning/Gademan wieder zusammen, um mit dem DHB die 1.WM Medaille seit 2010 zu gewinnen.
Der Unglückliche

Johannes Große, 25 Jahre, Abwehr

Die neben Tom Grambusch 2.Hälfte der KTHC Erfolgs Innenverteidigung, Johannes Große, wäre wohl sicherer Bestandteil des WM Kaders gewesen, verletzte sich allerdings so stark am Rücken, dass er für diese WM ausfällt. Gute Besserung und Kopf hoch, im Sommer bei der Heim EM klappt’s bestimmt Jojo!
Der alte Bekannte

André Henning, 39 Jahre, Cheftrainer
Nicht mehr Teil des KTHC, aber mehr als ein alter Bekannter ist der Cheftrainer der Nationalmannschaft, André Henning. Der 39jährige gewann bereits 2013 mit der deutschen U21 eine WM als Cheftrainer in Indien und holte bis 2021 mit Rot-Weiss jeden Titel, den es im Vereinshockey zu gewinnen gibt.
M. Lehnen:,, Wie lief die WM Vorbereitung und war das heute das letzte Training vor dem Abflug?“
André Henning:,, Genau, wir haben auch sehr viel gemacht in den letzten Monaten mit Pro League in Argentinien, Maßnahmen in Südafrika und Spanien vor Weihnachten, wo wir dazu sehr viel gespielt haben. Danach war es gut für alle auch noch mal Zeit mit Familie und Freunden zu haben und jetzt im Januar wieder voll anzugreifen. Am Freitag geht es dann auch schon nach Indien.“
M. Lehnen:,, Glaubst du, dass der große Rot-Weiss Block dem Team sehr helfen wird?“

André Henning:,, Ich habe nicht den Eindruck, dass wir in Blöcken auftreten, das ist in der Mannschaft schon gut gemischt, es gibt da keine Kölner Fraktion. Das merkt sowohl auf dem Platz, als auch beim Essen, wo man immer gemischte Gruppen sieht. Bei den letzten Nominierungen waren auch immer viele Kölner dabei, ich denke da liegt Rot-Weiss im üblichen Schnitt.“

  1. Lehnen:,, Was sind die Ziele und wie beurteilst du eure Vorrundengruppe?“

André Henning:,, Es wäre ein erster guter Schritt, dass wir ins Halbfinale kommen. Das spiegelt auch die realistische, aber ambitionierte, Erwartungshaltung wieder. Deutschland ist zuletzt in der Weltrangliste immer zwischen vier und sechs platziert gewesen, war seit 2010 nicht im WM Halbfinale. Wenn wir das schaffen, wäre das schon gut, dann sehen wir weiter. Top drei wäre schon ein toller Erfolg, den es so lange nicht mehr gab. In der Gruppe wird Belgien unser erstes Schlüsselspiel, da wir mit einem Sieg wahrscheinlich das Achtelfinale umgehen können. Gegen Japan und Südkorea sind wir schon Favorit, aber auch gegen die müssen wir erstmal gewinnen. Insgesamt können aus meiner Sicht fünf, sechs Teams locker Weltmeister werden, bei denen niemand überrascht wäre. Von daher wirst du ab dem Viertelfinale in jedem Fall bereits einen Kracher bekommen, eventuell sogar im Achtelfinale, der Modus ist schon extrem schwierig.“
Der Doc
Dr. Philip Ibe, 47 Jahre, Vereins- und Nationalmannschaftsarzt
Wer natürlich nicht fehlen darf, ist der langjährige KTHC Vereinsarzt Philipp Ibe, der sich auch um die Gesundheit der Honamas kümmert. Der Sportorthopäde ist bereits seit einigen Jahren der Arzt des Vertrauens der KTHC Teams und kümmert sich auch in Indien um hoffentlich maximal kleinere Verletzungen der Nationalspieler.

 

Was noch zu sagen wäre
Zum Abschied bekamen die sieben KTHC Spieler noch Wollmützen vom KTHC geschenkt. Zumindest Chris Rühr und Mats Grambusch konnte ich zu der Aussage verleiten diese bei einem Medaillengewinn bei oder nach der Siegerehrung zu tragen. Das wäre zugegebener Weise beim indischen Wetter eine besondere Herausforderung, die dann aber sicher gerne in Kauf genommen wird, auch von den anderen Rot-Weiss Spielern.
Der KTHC wünscht dem kompletten Team der Honamas einen guten Flug, viel Spaß und möglichst viel Erfolg bei der anstehenden WM in Indien!

 

Das letzte Training vor dem Abflug im Rewe Sportpark: Der KTHC WM Ausblick