Von Markus Lehnen
Ausgangssituation
Nachdem die 1.Herren von Rot-Weiss Köln im vergangenen Juni erneut den deutschen Meistertitel verteidigt hatten und damit den Titelhattrick schafften, gab es im Sommer einige Veränderungen im Kader von KTHC-Cheftrainer Pasha Gademan. Mit Olympiasieger Vincent Vanasch, dem niederländischen Eckenspezialisten und Außenverteidiger Mink van der Weerden sowie den beiden Rot-Weiss Routiniers Florian Pelzner und Moritz Trompertz verlor Köln jede Menge sportliche Klasse und Erfahrung.,,Was verloren geht ist natürlich die Erfahrung. Die Anzahl der Bundes- und Länderspiele ist so schnell nicht auszugleichen. Aber wir haben mit Philipp Holzmüller und Michel Struthoff zwei sehr gute, junge Spieler dazubekommen“, beschrieb Co-Trainer Dominic Giskes im Sommer die Veränderungen am Meisterkader von Rot-Weiss. Da die Europameisterschaft in Mönchengladbach erst kurz vor der Saison endete, blieb den Domstädtern allerdings nur eine Woche Zeit sich gemeinsam auf die neue Saison vorbereiten. Negativ hinzu kam eine Verletzung vom verbliebenen Strafecken-Ass Tom Grambusch, der die komplette Hinrunde ausfallen sollte.
Saisonverlauf
Trotz der Eckenproblematik spielte Rot-Weiss durchaus eine starke Vorrunde, gewann neun von zehn Spielen und gab nur bei der 0:1 Heimniederlage gegen Rekordmeister Uhlenhorst Mülheim drei Punkte ab. Dabei brillierte Nationalstürmer Christopher Rühr mit elf Toren und es sah sehr viel nach einer erneut dominanten Saison der Domstädter aus, erst recht mit der Aussicht ab März 2024 wieder Eckenspezialist Tom Grambusch an Board zu haben. So sah es auch KTHC-Cheftrainer Pasha Gademan:,, Wir können auf jeden Fall hoch zufrieden sein, wie es in der Hinrunde gelaufen ist. Es bleibt immer schwierig bei uns mit den ganzen Abstellungen. Allgemein muss man in der 1.Saisonhälfte die Basis legen, die man in der 2.Hälfte nutzen kann.“
Dunkle Wolken zogen aber bereits vor dem Rückrundenstart auf, denn nachdem mit einem Rumpfteam aufgrund der Olympiaqualifikation der Honamas und U21 WM der Eagles die Playoffs der Hallensaison verpasst wurden, ereilte Rot-Weiss aus dem fernen Oman ein nachhaltiger Schock. Bei der letztendlich souverän erreichten Olympiaqualifikation riss sich nämlich ausgerechnet Topscorer Chris Rühr im Halbfinale das Kreuzband, womit klar war, dass er für die komplette Rückrunde ausfallen würde. Als sich dann auch noch kurz vor Rückenbeginn sein logischer Vertreter Elian Mazkour am Knöchel verletzte, standen die Titelverteidiger plötzlich ohne ihren etatmäßigen Sturm da. Dazu kam, dass Kapitän Mats Grambusch (zum Heimatverein Gladbacher HTC), Nationalspieler Jojo Große (zum Club an der Alster) und Cheftrainer Pasha Gademan (mittlerweile klar, fest als Co-Trainer zu den Honamas) ihren Abschied im Sommer bekannt gaben.
Der Rückrundenauftakt, der aufgrund der in diesem Jahr sehr frühen EHL-Endrunde bereits Mitte März stattfand, ging dann auch gleich mit einem 1:2 im Re-Match des Vorjahres DM Finals gegen MHC schief. Allerdings bot Rot-Weiss durchaus eine gute Leistung, ebenso wie am folgenden Wochenende beim 5:2 in Hamburg gegen den HTHC. Mit dieser Vorbereitung war man gewappnet für die EHL-Endrunde, wo man den Auftakt gegen den Royal Leopold HC aus Belgien auch noch mit 3:2 siegreich gestalten konnte. Im Halbfinale war dann allerdings in einem epischen Spiel, trotz Megacomebacks, nach Shoot-Out gegen den SV Kampong (7:8 n.So) aus den Niederlanden Endstation, und der Traum vom ersten EHL-Titel seit 2017 ausgeträumt. Mit dieser Enttäuschung im Gepäck, plus einigen Verletzungen wie die von Mats Grambusch, verlor Köln am Folgetag auch noch das Spiel um den dritten Platz gegen die Old Georgians aus England.
Nach der EHL fielen Timur Oruz, Fabio Seitz, Maximilian Siegburg und Mats Grambusch auf unbestimmte Zeit aus und der ohnehin dezimierte KTHC-Kader glich einem Lazarett. Jugendspieler wie der erst 16-jährige Kasimir Lawrenz oder die weiteren U-18 Spieler Max Glaß, Christopher Monschau, Titus Warweg, Luka Lozina und Tom Stahl kamen ebenso zum Einsatz wie der erneute Comebacker Moritz Trompertz. Zunächst erkämpfte man sich auch noch mit einer extrem jungen Mannschaft ein 1:0 gegen Meisterkandidat Polo Hamburg. Nachdem man in Mülheim nur knapp verlor und in Berlin gewinnen konnte, endete die reguläre Saison mit der wohl schlechtesten Leistung der Saison, die zu einem 0:2 beim abstiegsbedrohten SC Frankfurt 80 führte. Dennoch beendet man die Spielzeit auf dem 2.Platz in Gesamtliga und Staffel und behielt zumindest das Heimrecht gegen Gegner Krefeld.
Spiel eins in den Playoffs beim CHTC lief zwar spielerisch wesentlich besser, auch weil Oruz wieder mit von der Partie war, aber trotz überlegender Spielführung verlor man auch dort mit 0:1. Mit einer bitteren Pleite nach 2:0 Führung ging dann auch Spiel zwei im heimischen Rewe-Sportpark mit 2:5 n.SO. verloren. Auch die Rückkehrer Mats Grambusch und Eli Mazkour konnten das bittere Aus nicht mehr verhindern, zurück blieb also eine große Enttäuschung über das viel zu frühe Ende einer der erfolgreichsten Zeitspannen der KTHC-Geschichte.
Statistik
Tabelle: Staffel A Platz 2, 36 Punkte, 47:18 Tore, punktgleich mit Uhlenhorst Mülheim
Gesamttabelle: Platz 2, In der Liga geteilt drittbeste Offensive und beste Defensive
Torjäger: 1. Christopher Rühr 10 Tore, 2. Mats Grambusch 5 Tore, Thies-Ole Prinz 5 Tore und Michel Struthoff 5 Tore
Gesamt: 1. Gonzalo Peillat (Mannheimer HC) 24 Tore
Das war gut
Keine Frage, an Hinrunde und Punkteausbeute gibt’s wenig zu meckern, auch erneut das Final Four bei der EHL erreicht zu haben, ist sicherlich aller Ehren wert. Dass es am Ende keine erfolgreiche Saison wurde, hat sicherlich viele Gründe, einer war sicherlich jedoch das teilweise extreme Verletzungspech. Genau dieses Pech kann aber durchaus ein Vorteil für die Zukunft sein, denn extrem viele junge Spieler kamen bereits auf höchstem nationalem und internationalem Niveau auf ihre Einsätze. Spieler wie Tom Stahl, Kasimir Lawrenz, Titus Warweg und Max Glaß sind allesamt noch eigentlich MJA-Spieler, das Tom Babic und Justus Warweg letzten Sommer noch für die deutsche U18 spielten, vergisst man schnell, da sie quasi bereits zum Stamm des Teams gehören. Mit Paul Glander kommt im Sommer sogar noch ein weiterer U21 Weltmeister zu den bereits im Kader stehenden fünf Juniorenweltmeistern dazu.
Überzeugend war auch die Defensive des elfmaligen deutschen Meisters. Selbst in den schwächeren Spielen kassierte die Abwehr um Goalie Jean Danneberg und Abwehrchef Tom Grambusch in der Rückrunde der Bundesliga nie mehr als zwei Gegentore, was das frühe Aus allerdings umso bitterer macht.
Das gilt es zu verbessern
Die Verletzungen betrafen vor allem die Offensive, und auch genau dort drückte der Schuh in der Rückrunde dann doch erheblich. Thies Prinz und Michel Struthoff mussten oft große Spielanteile schultern und sich erst einmal daran gewöhnen, dass die gegnerischen Defensiven sich zuallererst um sie kümmerte. Dazu kam, dass das Personal oft wechselte, was ebenfalls Gift für die offensiven Mechanismen war. Interessanterweise hatte man oft, z.B. in beiden Playoffspielen, dennoch klar mehr Chancen als der Gegner, weswegen man sicherlich auch die Chancenverwertung als verbesserungswürdig herausheben muss. Drei Eckentore von Tom Grambusch genügen höchstwahrscheinlich dem emotionalen Spezialisten des KTHC selbst nicht. Insgesamt erzielte man in der Rückrunde nur beim HTHC mehr als zwei Tore, was noch einmal deutlich zeigt, dass die Offensive in der Rückrunde das große Problem der KTHC-Herren war.
So geht’s weiter
Im Sommer stehen zunächst einmal die Olympischen Spiele in Paris auf dem Programm. Mit Mats und Tom Grambusch, Jean Danneberg, Johannes Große, Thies-Ole Prinz, Christopher Rühr und Elian Mazkour, plus Co-Trainer Pasha Gademan, können sich einige aktuelle Rot-Weiss Akteure Hoffnungen auf eine Kadernominierung machen. Timur Oruz dagegen ist aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, sollte aber bei Rot-Weiss Köln aktiv bleiben. Während Mats Grambusch, Pasha Gademan und Jojo Große nicht mehr zum KTHC stoßen werden, sollten die anderen Honamas-Akteure nach Olympia wieder an den Olympiaweg zurückkehren. Neu dazu kommen dann Cheftrainer Darren Cheesman (vom Berliner HC) sowie U21 Weltmeister Paul Glander (vom HTHC) und der australische Weltspieler Blake Govers. Es steht also durchaus ein großer Umbruch an, wie groß genau bleibt allerdings noch abzuwarten, da eventuell noch Zu- und Abgänge anstehen.
Ein riesengroßes Dankeschön…
…meinerseits gilt den feststehenden Abgängen.
Mats Grambusch, 32 Jahre, seit 2013 beim KTHC
Titel: Deutscher Meister 2015, 2016, 2021, 2022, 2023; EHL: 2017
Neue Aufgabe: Spieler bei Heimatclub Gladbacher HTC
Was soll man noch groß zu einem der prägenden deutschen Hockeyspieler der letzten 10 Jahren schreiben?!Europameister 2013, Olympiabronzemedailist 2016 in Rio und Weltmeister wurde er mit der Nationalmannschaft, gewann fünf Mal mit dem KTHC den gewaltigen Meisterpokal und errang zudem 2017 die EHL. Daneben war er seit Jahren KTHC-Kapitän und von den Spielern mein persönlicher Go-To Ansprechpartner. Jederzeit nett und zuvorkommend beantwortete er mir jede noch so dumme Frage, entweder direkt auf dem Spielfeld oder spätestens kurze Zeit später per Telefon.
Letztes Jahr wurde Mats Grambusch zudem Vater und widmet sich nach den hoffentlich erfolgreichen Olympischen Spielen in Paris neben der Familie, und seiner Spielertätigkeit beim GHTC beruflich dem Familienunternehmen. Ich bedanke mich für eine ganz tolle Zeit bei Rot- Weiss und wünsche dir alles erdenklich Gute für deine Zukunft Mats!
Johannes Große, 27 Jahre, seit 2018 beim KTHC
Titel: Deutscher Meister 2021, 2022, 2023
Neue Aufgabe: Spieler beim Club an der Alster
Jojo Große kam 2018 als eines der größten deutschen Hockeytalente zu Rot-Weiss Köln und wurde dort schnell ein entscheidendes Puzzleteil der Erfolgsmannschaft dieses Jahrzehnts. Ob als Mittelfeldspieler, Defensivstratege, Eckenstopper oder Eckenhereingeber, Jojo ist ein echte Allzweckwaffe. Als viele seiner erfahrenen Kollegen in dieser Rückrunde ausfielen, übernahm er meist das Ruder und lieferte zum Ende seiner Zeit noch einmal einige grandiose Spiele für den KTHC ab. Nachdem der gebürtige Berliner die Weltmeisterschaft in Indien 2022 unglücklich verletzt, verpasste, dürfte er im Sommer sehr sicher Teil des Olympiakaders von Nationaltrainer André Henning sein. Auch er gehörte zu meinen Telefonkontakten und den Spielern, die auch nach Niederlagen immer für ein Interview bereitstanden. Vielen Dank und auch dir und alles erdenklich Gute für deine Zukunft Jojo!
Pasha Gademan, 36 Jahre, seit 2020 beim KTHC, seit Februar 2022 als Cheftrainer
Titel: Deutscher Meister 2021 als Co-Trainer, 2022 und 2023 als Cheftrainer
Neue Aufgabe: Hauptamtlicher Co-Trainer der deutschen Herrennationalmannschaft
Pasha kam 2020 als Co-Trainer von André Henning aus Almere am Ijsselmeer an den Rhein und wurde direkt Deutscher Meister 2021. Im Februar 2022 übernahm er für André Henning den Cheftrainerposten beim KTHC und ließ in den folgenden zwei Saisons zwei weitere Meisterschaften folgen. Bei der EHL erreichte er zudem mit Köln zweimal das Finale. Da er wieder mehr bei seiner Familie in Almere sein möchte, widmet sich der Fan der PSV Eindhoven ab dem Sommer hauptamtlich seinem Job als Co-Trainer der Honamas. Als Cheftrainer war ich mit Pasha natürlich am meisten in Kontakt, in der Feldsaison mindestens einmal die Woche. Dabei lernte ich von ihm etwas niederländisch, er von mir hoffentlich das ein oder andere deutsche Wort. Auf der Meisterfeier 2022 im Ochsen lernte ich durch ihn dazu sehr viel niederländisches Gesangsgut kennen. Dazu lernte ich Pasha stets als fantastischen, immer reflektierten, sich immer meinen Fragen stellenden Menschen kennen und kann mich für die tolle Zusammenarbeit nur bedanken. Pasha, ik wens je veel succes en alle goeds in je verdere leven!
Dominic ,,Dome“ Giskes, 38 Jahre, seit 2022 beim KTHC als Co-Trainer und zusammen mit Wolfgang Kluth einer der Cheftrainer in der Halle
Titel: Deutscher Meister 2022, 2023
Neue Aufgabe: Co-Trainer 1.Herren Düsseldorfer HC und Cheftrainer U21 Damennationalmannschaft
Dome Giskes stieß nach seiner Spielerkarriere im Februar 2022 als Co-Trainer zu Rot-Weiss Köln. Zusammen mit Wolfgang Kluth übernahm er neben dem Co-Trainer Posten den Cheftrainerposten in zwei Hallensaisons. Dabei führte er jeweils einen ziemlich ausgedünnten Kader einmal ins Playoffviertelfinale und scheiterte einmal nur denkbar knapp daran. Dome war mein Ansprechpartner in Sachen Hallenhockey und sprang jedesmal ein, wenn Pasha dann doch mal keine Zeit hatte. Er übernimmt im Sommer als Co-Trainer die 1.Mannschaft des DHC und wird zusätzlich Cheftrainer der U21 Damen. Dome, vielen Dank, es war mir eine Ehre.
And the Winner is…
…Nachfolger der KTHC-Herren wurde in Bonn der Mannheimer HC, der sich ein Jahr nach der bitteren Niederlage im Finale vor eigenen Fans dieses Mal mit 4:2 n.SO. gegen Polo Hamburg durchsetzte. Glückwunsch an Andreu Enrich und sein Team!
Danke!
Zu guter letzt möchte ich mich noch bedanken. Sowohl beim gesamten Team der 1.Herren für die super Zusammenarbeit in der vergangenen Saison als auch bei allen Leserinnen und Lesern meiner Texte. Mir hat es eine weitere Saison sehr viel Spaß gemacht und ich hoffe, dass dieser auch etwas rüberkam. Vielen Dank an den gesamten Verein KTHC Stadion Rot-Weiss für das Vertrauen in meine Arbeit und die stets sehr gute Zusammenarbeit!
Ich wünsche allen Lesern und Leserinnen sowie dem kompletten Verein einen schönen, erholsamen Sommer! Ihr, Euer Markus Lehnen
Das Ende einer Ära