EHL: Rot-Weiss unterliegt knapp und spielt am Ostermontag um Platz drei

Spielbericht EHL 2023/24 Halbfinale 1.Herren KTHC

Von Markus Lehnen

Sonntag, 31.03.2024: SV Kampong – Rot-Weiss Köln 8:7 n.So. (4:1)
Rot-Weiss unterliegt Kampong nach epischem Comeback in einem Spiel für die Ewigkeit und spielt am Ostermontag um Platz drei
Beste Unterhaltung bekamen die Hockeyfans auch am Ostersonntag serviert, als die 1.Herren des KTHC versuchten, ihre 3.Finalteilnahme in Serie in der EHL gegen das niederländische Topteam SV Kampong klarzumachen. Das Team von Cheftrainer Tim Oudenaller besiegte in einem hochklassigen Viertelfinale den belgischen Meister Gantoise HC mit 2:1 und ist vom Kader her vielleicht das stärkste Team in diesem Turnier. Mit Jip Janssen, Jonas de Geus, Tim Balk, Terrance Pieters und Duco Telgenkamp spielen nicht weniger als fünf aktuelle niederländische Europameister für das Team aus Utrecht. Hinzu kommen mit dem irischen Goalie David Harte und den niederländischen Youngster Silas Lageman mindestens zwei weitere Topleute. In der niederländischen Hoofdklasse lief es, gemessen an der Stärke des Kaders, bisher allerdings nicht so gut, denn die Utrechter belegen bisher mit Platz vier soeben den letzten Playoffplatz, allerdings mit nur drei Punkten Vorsprung auf den 5. Rotterdam. 

Für dieses Spiel musste Oudenaller außerdem auf die verletzten Kellerman und Pieters verzichten. 
Bei Rot-Weiss musste Cheftrainer Pasha Gademan im bisher wichtigsten Spiel der Saison lediglich auf seine beiden Langzeitverletzten Stürmer Christopher Rühr und Elian Mazkour verzichten, konnte sonst aber sein aktuell bestes Team aufbieten und veränderte somit folgerichtig am Kader im Vergleich zum 3:2 Viertelfinalsieg gegen Léopold nichts. Als gutes Omen konnten die Kölner es sehen, dass sie bei den letzten beiden Duellen gegen Kampong in der EHL als Sieger vom Platz gingen (2019: 3:2 im Achtelfinale und 2022: 2:1 im Viertelfinale).  
Es waren allerdings die Niederländer, die vor toller Kulisse im Wagener Stadion zu Amstelveen den viel besseren Start erwischten. Erst 30 Sekunden waren gespielt, als sich Shootingstar Duco Telgenkamp über links im Schusskreis gegen Philipp Holzmüller durchsetzte und den Ball mit der Agi ins kurze Eck, unter dem etwas unglücklich aussehenden KTHC-Goalie Jean-Paul Danneberg, zum frühen 1:0 für Kampong einschoss. Auch die folgenden Minuten gehörten Kampong, die aber zunächst nicht zu einer weiteren Torchance kamen. Nachdem die eigene Defensive besser ins Spiel fand, erzwang KTHC-Kapitän Mats Grambusch in der 8.Spielminute Kölns 1.Strafecke des Spiels. Diese erwischte sein Bruder Tom Grambusch perfekt und schlenzte den Ball unhaltbar für Harte durch die Beine von de Vilder zum 1:1 ins Tor. Die Utrechter zeigten sich davon allerdings überhaupt nicht beeindruckt, kamen sofort wieder gefährlich in den Kölner Schusskreis und erzwangen nur eine Minute später ihre 1.Strafecke des Spiels. Diese parierte Danneberg stark gegen Jip Janssen, klärte allerdings an den Fuß eines Mitspielers, wodurch es zurecht eine Wiederholung gab. Diese schoss Spezialist Janssen dann unhaltbar für Danneberg ins rechte Eck zur erneuten Führung für Kampong. Auch Köln reagierte gut auf den erneuten Rückschlag und setzte sich über Thies-Ole Prinz auf der rechten Seite durch, dieser verpasste den einschussbereiten Mats Grambusch in der Mitte aber knapp. Im 2.Viertel erwischten die Domstädter den besseren Start, doch eine Hereingabe von Johannes Große klärte Ian Harte in der 20.Spielminute und keine Minute später verpasste der ins Zentrum eingestartete Holzmüller nach starker Flanke von Mats Grambusch das Tor um wenige Zentimeter. Dies sollte sich bitter rächen, denn beim nächsten Angriff spielte Kampong seine beste Kombination des Spiels aus und holte an deren Ende die 2.Strafecke heraus. Diese schlenzte Janssen links vor das Tor, wo Jonas de Geus im Fallen mit toller Körperbeherrschung und mit links den Ball ins Tor zum 3:1 abfälschen konnte. Köln reagierte nun wütend mit einigen Hereingaben, die aber nicht zum Anschlusstor verwertet werden konnten. In der 26.Minute kam Prinz in eine gute Abschlusssituation, Lars Balk fälschte den Ball aber zur langen Ecke ab. Und so war es wieder Kampong, die in der 29.Minute als nächstes trafen. De Wijn spielte einen langen Pass auf der rechten Seite zu Boet Phijffer, der wiederum in der Mitte Telgenkamp fand. Dieser nahm den Ball perfekt mit, scheiterte zwar an Danneberg, doch der Abpraller kam zu Silas Lageman, der sich den Ball selbst hochlegte und zum 4:1 für sein Team einschoss. Eine mögliche Behinderung von Danneberg durch Telgenkamp sahen die Unparteiischen nicht. Sekunden vor der Halbzeitpause bekam Rot-Weiss noch die Chance mit insgesamt drei Strafecken zu verkürzen, doch als Harte einmal geschlagen war, bekam de Vilder den Ball zwar an den Fuß, nach Videobeweis gab es aber nur Strafeckenwiederholung statt Siebenmeter. Diese wiederum führte nicht zu einem weiteren Tor, wodurch es mit einem klaren 4:1 für Kampong in die Pause ging. Für Köln lief das Spiel maximal unglücklich, hatte ich doch mehr Torchancen und Strafecken für die Rheinländer notiert, die sich aber im 1.Durchgang der geballten Effizienz der Utrechter beugen mussten. 
Auf die Frage, ob in der 1.Halbzeit für sein Team so ziemlich alles schief ging, was schief gehen kann, antwortete KTHC-Cheftrainer Gademan daher auch:,, Ja, ich glaube das ist so. Von Anfang bis Ende waren wir zwischen den beiden Viertellinien auf jeden Fall das bessere Team, aber in beiden Kreisen eben nicht. Bei 1:3 oder 1:4 hatte ich mal geschaut, da waren wir schon 17mal im Kreis und die 6mal, das ist aber natürlich auch das Spiel dort dann besser zu sein.“ 
Dieses Spiel sollte sich nach einer emotionalen Halbzeitansprache aber dann komplett ändern. Das 3.Viertel begannen die Niederländer etwas passiver und so verwunderte es nicht, dass Köln per Strafecke in der 35.Minute die 1.Chance des Durchgangs bekam. Tom Grambusch schlenzte die Ecke nach links oben, David Harte klärte aber sicher mit seinem Stock. Rot-Weiss blieb dennoch weiter dran und bekam in Überzahl (Grüne Karte für Boet Phijffer) weitere Chancen. Paul Babic schoss in der 41.Spielminute mit der Agi noch über das Tor, doch in der 41.Minute verwertete Fabio Seitz eine Hereingabe von Prinz im zweiten Versuch zum 2:4 aus Kölner Sicht. Jetzt wurde es richtig wild, denn neun Sekunden vor Ende des 3.Viertels schlenzte Tom Grambusch den Ball vom eigenen Schusskreis einfach mal nach vorne. Janssen verpasst den Ball, Struthoff schoss daraufhin im Schusskreis mit der Agi auf das Tor, wo Harte parierte aber Mitspieler de Wijn so den Ball an den Körper klärte, dass der Ball 0,2 Sekunden vor Viertelende ins eigene Tor zum 3:4 kullerte. Zu Beginn des Schlussabschnitts drang der deutsche Meister nun auf den Ausgleich, aber ein guter Versuch von Mats Grambusch in der 47.Minute war zunächst kein Problem für Harte. In der 53.Spielminute landete ein Freischlag des Kölner Kapitäns nur am Pfosten, die KTHC-Herren setzten aber sofort nach: Große eroberte den Ball zurück, passte im Kreis zu Struthoff und der schoss mit der Agi Richtung Tor, wo Mats Grambusch ins linke Eck zum umjubelten 4:4 abfälschte. Gut vier Minuten vor Schluss passierten Köln dann aber doch noch die einzigen Fehler in einer defensiv ansonsten fehlerfreien 2.Halbzeit: Timur Oruz sah zunächst nach einem Foul gegen van Battum die grüne Karte, anschließend landete ein perfekter Pass bei Mats Marree, der Philipp Holzmüller den Ball an den Fuß schoss und so für sein Team die 4.Strafecke herausholte. Diese traf Jip Janssen einmal mehr perfekt und versenkte den Ball links unten zum 5:4 für den SV Kampong. Coach Gademan nahm nun direkt seinen Goalie für einen 11.Feldspieler vom Platz und da sowohl Telgenkamp (Grün) wie auch Phijffer (Gelb) Zeitstrafen erhielten, hatte Köln die Chance mit 11 gegen 8 Feldspielern den erneuten Ausgleich zu erzielen. In der 59.Spielminute ließ sich Mats Grambusch auch nicht lange bitte, spielte sich auf links im Schusskreis durch und passte den Ball in die Mitte, wo der heute sehr starke Thies Prinz zum 5:5 einschieben konnte. Die jetzt wie im Rausch spielenden Domstädter kamen anschließend, wieder mit Danneberg im Tor aber weiterhin in Überzahl, noch einmal gefährlich in den Kreis, für die Entscheidung reichte es aber nicht mehr. Nach 60 Minuten für die Ewigkeit der EHL ging das Spiel etwas folgerichtig in den Shoot-Out und damit in die ultimative Entscheidung.
Während Prinz und Struthoff zunächst für Rot-Weiss trafen, nahm Danneberg Kampongs Lageman den ersten Versuch weg. In der Folge vergaben Große und de Vilder ihre Versuche für ihre Teams und auch Höchemer schoss einen Versuch über das Tor. Rik Sprengers machte es danach besser und glich auf insgesamt 7:7 aus. Als letzter KTHC-Schütze übernahm Mats Grambusch die Verantwortung, doch beim Zieher rutschte er leicht ab und konnte den Ball so nicht mehr an David Harte vorbeibringen. Duco Telgenkamp hatte nun die Chance das Spiel für Kampong zu entscheiden, spielte Danneberg den Ball durch die Beine und hatte etwas Glück, dass dieser 0,1 Sekunde vor Ablauf der 7 Sekunden Uhr die Linie passierte. Mehrere Videobeweise bestätigten diese Entscheidung und ließen einen jubelnden SV Kampong und einen trauernden KTHC in einem Spiel zurück, welches definitiv keinen Verlierer verdient hatte. 
,,In der Halbzeitpause habe ich heute viel über Gefühle geredet. Dazu haben wir uns klargemacht, dass das Spiel was wir machten, an sich schon gut war und obwohl wir sauer waren und das Ergebnis extrem weh tat, wir einiges nicht ändern mussten. Dass wir stärker verteidigen und vorne im Kreis bessere Entscheidung treffen müssten, das war der strategische Teil der Ansprache. Danach habe ich das Gefühl angesprochen, dass ich selbst hatte: Das wir noch die Chance hatten das schlechte Gefühl in ein gutes zu verwandeln und es uns noch viel mehr ärgern würde, wenn wir die Chance darauf verpassen würden. Daher war es das Ziel uns Schritt für Schritt zurück zu kämpfen und wäre es dann ein 1:6 geworden hätten wir dennoch stolz darauf sein können. Wie die 2.Halbzeit dann lief, darauf können wir sicher stolz, aber meine Gefühle gehen natürlich gerade hin und her“, beschrieb ein geknickter Coach Gademan die Geschehnisse in der KTHC-Kabine während der Halbzeit und seine Gefühle nach diesem völlig verrückten Spiel. 
Mit dem Shootout-Sieg erreicht Kampong zum 1.mal nach dem EHL-Sieg 2016 das Finale am morgigen Ostermontag, wo sie auf den niederländischen Rivalen und Gastgeber Pinoké treffen. 
Für Rot-Weiss Köln, die sicherlich ihre beste Halbzeit seit dem DM-Finale 2023 spielten, bleibt die Chance am Montag ab 11.15 Uhr gegen die Engländer von Old Georgians zumindest die Bronzemedaille zu gewinnen. Für heute bleibt aber erstmal nur die Enttäuschung und der Trost Teil eines der besten Hockeyspiele der letzten Jahre gewesen zu sein, kommt sicher erst in den nächsten Tagen an. 
,,Heute ist heute und morgen ist morgen. Heuten brauchen wir auch einmal Zeit das alles zu verarbeiten. Dann sind wir Sportler und es ist faktisch so, dass du ein nächstes Spiel machen musst. Wie wir das angehen, dass schauen wird später. Jetzt ist es ja klar, dass diese Niederlage etwas mit uns macht, weil das ganze Turnier uns sehr viel bedeutet hat. Dafür muss jetzt erstmal Platz sein“, schaute Pasha Gademan gut eine Stunde nach dem Spiel zunächst auf die Bewältigung der Enttäuschung, dass sein Team heute das unglücklichere zweier Weltklasse Hockeyteams war. 

Tore:

1:0 Duco Telgenkamp (1.)
1:1 Tom Grambusch (E, 8., 3.Turniertor)
2:1 Jip Janssen (E, 9.)
3:1 Jonas de Geus (E, 22.)
4:1 Silas Lageman (29.)
4:2 Fabio Seitz (41., 1.Turniertor)
4:3 Michel Struthoff (45., 2.Turniertor)
4:4 Mats Grambusch (53., 1.Turniertor)
5:4 Jip Janssen (E,56.)
5:5 Thies-Ole Prinz (59., 1.Turniertor)
Shoot Out:
Prinz mit der Agi ins Tor, 5:6
de Geus Agi ins Tor, 6:6
Struthoff springt ein, Vorhand ins Tor, 6:7
Lageman über links, Danneberg hält
Große rutscht beim Zieher etwas ab, Harte hält
de Vilder scheitert an Danneberg, Nachschuss zu spät im Tor
Höchemer mit der Agi über das Tor
Sprengers mit der Agi ins kurze Ecke, 7:7 
Mats Grambusch rutscht beim Zieher etwas ab, Harte hält
Telgenkamp durch die Beine von Danneberg, Ball 0,1 Sek vor Ende im Tor, 8:7
SV Kampong zieht mit 8:7 n.SO.in das Finale der EHL ein

EHL: Rot-Weiss unterliegt knapp und spielt am Ostermontag um Platz drei