Von Markus Lehnen
Alle Jahre wieder oder Quo vadis Budenzauber?
Wie jedes Jahr, wenn die Blätter von den Bäumen gefallen sind und die Wetterverhältnisse eher zum drinnen bleiben animieren, steht im Hockey die Hallensaison auf dem Terminkalender. Der Budenzauber vereint auch im Hockey seit jeher einen rasanten Sport mit einer Atmosphäre, wie man sie sonst im Hockeysport eher selten erlebt. ,,Das sind zwei völlig verschiedene Sportarten. Ich kann da auch keine Unterschiede nennen, ich vergleiche ja auch Fußball nicht mit Tennis. Natürlich gibt’s Spieler, die auf dem Feld oder in der Halle besser sind, aber Spezialistentum geht ja gar nicht mehr, dafür hat die Halle zu viel an Wertigkeit verloren“, beschreibt KTHC-Cheftrainer Markus Lonnes die für ihn riesengroßen Unterschiede der beiden Spielformen.
Der Höhepunkt steigt in dieser Hallensaison am 27./28. Januar 2024 zum zweiten Mal in Folge in der SÜWAG Energie Arena in Frankfurt-Höchst, wo die jeweils vier besten Teams die Deutschen Hallenmeister der Damen und Herren 2024 ermitteln.
In der vorherigen Saison erreichten die KTHC-Damen, nach einem herausragenden Gruppensieg im Westen mit u.a. vier Punkten gegen die späteren Meisterinnen vom DHC, das Viertelfinale. Dort unterlagen die Kölnerinnen allerdings dem Club an der Alster nach starkem Kampf mit 4:7. Besonders bitter war hierbei, dass die Kölnerinnen im finalen, bedeutungslosen Gruppenspiel in Krefeld ihre Topscorerin Pia Maertens durch einen Kreuzbandriss verloren. Maertens steht auch diese Saison nicht zu Verfügung, da sich die A-Nationalspielerinnen auf die Olympiaqualifikation im Januar vorbereiten, anstatt in der Halle auf Torejagd zu gehen. Das gleiche gilt für die U21 Auswahlspielerinnen, die im Dezember in Chile ihre WM bestreiten. Bei Rot-Weiss betrifft dieser Umstand neben Pia Maertens noch Nike Lorenz, Julia Sonntag, Felicia Wiedermann und Jule Fischer (U21 WM), insgesamt sind die Kölnerinnen damit aber noch relativ wenig von den Abstellungen betroffen. Auf der einen Seite kann man die aktuelle Situation des Hallenhockeys aufgrund der vielen fehlenden Stars kritisch sehen, auf der anderen Seiten waren aber die Hallen in der vergangenen Saison, trotz der fehlenden Nationalspieler (in dem Fall nur bei den Herren), meist sehr gut gefüllt. Es stellt sich also die Frage, wie es mit dem Hallenhockey in Deutschland weitergeht. ,,Indoorsport ist immer atmosphärisch interessanter. Es gab schon Ansätze mit Hockey Five und auf der einen Seite wird Hallenhockey in Deutschland immer weniger, international nimmt es aber immer mehr Raum ein mit WMs und EMs. Aus meiner Sicht können die beiden Sportarten auch weiterhin nebeneinander existieren. Gerade für die Entwicklungsländer ist Hallenhockey eine Chance, da es weniger Spieler und keinen Kunstrasen braucht. Für die technische Ausbildung der Kinder ist die Halle zudem Gold wert. Hinzu kommt, dass man in Mitteleuropa einfach aus klimatischen Gründen keine 12 Monate Feldhockey spielen kann. Eigentlich macht es alles also schon Sinn so, aber wenn die FIH den Spielplan weiterhin so voll packt wird es halt schwierig“, spricht sich Markus Lonnes pro Hallenhockey aus.
Modus und Liga
Anders als auf dem Feld, wird in der Halle in Regionalgruppen mit jeweils sechs Vereinen in Hin- und Rückrunde gespielt. Rot-Weiss Köln spielt in der Gruppe West zweimal gegen den Düsseldorfer HC, Uhlenhorst Mülheim, den Crefelder HTC, den Bonner THV und die Aufsteigerinnen des Clubs Raffelberg. Die beiden jeweils Gruppenbesten aus Nord, Ost, West und Süd bestreiten am Wochenende des 20./21.01.2024 ein KO-Spiel im Viertelfinale, bei dem der jeweilige Gruppenerste Heimrecht gegen einen Gruppenzweiten besitzt, während die jeweils letztplatzierten Teams absteigen. Für das Team von Markus Lonnes käme der Gegner in einem möglichen Viertelfinale diesmal aus der Südstaffel, mögliche Gegnerinnen sind die Damen vom Mannheimer HC, dem Münchner SC oder dem TSV Mannheim. Die jeweiligen vier Siegerinnen der Viertelfinalspiele bestreiten anschließend am letzten Januarwochenende das Final Four in Frankfurt am Main.
Terminlich geht es bis zum 3.Adventswochenende Schlag auf Schlag mit drei Doppelspieltagen. Nach der Weihnachtspause stehen dann noch zwei weitere Doppelspieltage auf dem Programm, bevor die Playoffs beginnen. Neben den physischen Ansprüchen an die Akteure birgt der extrem dichte Spielplan für Markus Lonnes ein zusätzliches Risiko:,,Es kann auch sein, dass schnell mal zwei Leute krank werden, Corona gibt es immer noch. Auch wenn man nicht mehr zwingend zu Hause bleiben muss, krank ist man halt trotzdem. Hast du einmal so einen Fall drin, kannst du zuschauen, wie dir die Dominosteine umfallen- das macht alles noch unberechenbarer.“
Durch eine Saison ohne Nationalspielerinnen (U21 und A-Team) könnten in dieser Saison die Teams profitieren, die eher weniger Nationalspielerinnen, aber dennoch einen breiten Kader zur Verfügung haben. Als Favoritinnen sind deshalb oder trotzdem die üblichen Verdächtigen zu nennen, allen voran die Titelverteidigerinnen vom Düsseldorfer HC, die allerdings auf dem Feld ein eher schwarzes Jahr erwischten, in der Halle aber u.a. wieder auf Topstürmerin Elisa Gräve zurückgreifen können. Zudem stehen die Feldmeisterinnen vom Mannheimer HC ebenso bei vielen Experten oben auf dem Favoritenzettel wie die Vizemeisterinnen (auf dem Feld und in der Halle) vom Club an der Alster, letztere sind allerdings am stärksten von der Abstellungsflut betroffen. Neben den KTHC-Damen ist zudem durchaus mit dem Berliner HC zu rechnen, die traditionell einen eher einfachen Weg in die Playoffs haben, sich dadurch aber auch in der schwächeren Oststaffel eine ordentliche Portion Selbstvertrauen erspielen können. Die weiteren Hamburger Teams vom HTHC, dem UHC und dem GTHGC müssen erst einmal die traditionell starke Nordstaffel überstehen, deren 2.Platz aber, gestählt durch viele enge Spiele, meistens der gefährlichste Staffel-2.der Liga ist. Für Coach Lonnes sind zudem die wenig von Abstellungen betroffenen Damen des Münchner SC zu beachten, insgesamt hat er aber aktuell keinen Favoriten auf den Titel:,,Einen Meistertipp kann ich nicht geben, ich kann das aktuell null einschätzen. Ich weiß nicht, wie die anderen Kader bestückt sind und man sieht ja bei uns, dass nicht nur die Nationalspielerinnen fehlen. In der Gruppe sehe ich schon den DHC und uns vorne. Bonn hatte ich auf dem Zettel, die haben sich heute etwas rausgespielt (Anm.d.Autors: Interview am Abend des 22.11.nach einem 14:1 Testspielsieg über den Bonner THV), aber Testspiele sind auch was anderes als die Bundesliga. Also mal sehen.“
Kader und Vorbereitung
Tor: Lisa Höllriegl, Maja Sielaff
Feld: Paula Brux(C), Ida Boelke, Anna Esser, Fee Mazkour, Lea Thomas, Maja Weber, Nika Hansen, Amelie Fricke, Antonia Lonnes, Anna Küskes, Lotta Thelen, Eva Koy, Theresa Pougin, Charlotte von Hülsen, Katharina Hüls, Sophie Prumbaum, Lynn Krings, Katharina Reuten
,,Wir sind eine völlig neue Mannschaft, es fehlen die fünf Nationalspielerinnen plus Emma Boermans sowie Helene Würker, die eben auch nicht gerade unwichtig für uns sind. Zur vorherigen Hallensaison fehlen dazu noch Rebecca Grote, Lea Stöckel und Camille Nobis, deswegen fangen wir gerade völlig bei null an. Grundsätzlich bin ich aber mit jedem meiner Kader zufrieden“, beschreibt Lonnes seinen zur Vorsaison stark veränderten Hallenkader.
Positiv gilt es bemerken, dass sich mit Lisa Höllriegl und Maja Sielaff dieselben beiden Torhüterinnen abwechseln, die dies bereits in der vorherigen Hallensaison und in der Hinrunde auf dem Feld erfolgreich praktiziert haben. Beide könnten auf der meiner Meinung nach in der Halle etwas wichtigeren Torwartposition Stabilität ins Kölner Spiel bringen. Auch eine Reihe davor spielen mit Kapitänin Paula Brux, Fee Mazkour, Maja Weber, Lea Thomas und Anna Küskes erfahrene Bundesliga Spielerinnen, die vor allem defensiv Stabilität bringen sollten. Die spürbarste Veränderung gibt es im Sturm wo mit Maertens, Grote, Nobis, Stöckel und Würker im Vergleich zur Vorsaison satte 53 Tore wegfallen. Diese Tore erzielen sollen nun vor allem die Stürmerinnen Katharina Reuten, Katharina Hüls, Sophie Prumbaum, Lynn Krings und Charlotte von Hülsen erzielen. Im Testspiel gegen Bonn präsentierte sich dazu Mittelfeldspielerin Nika Hansen äußerst torhungrig.
In der Vorbereitung spielten die KTHC-Damen ein Vorbereitungsturnier beim Mannheimer HC, drei Testheimspiele gegen den Bonner THV, den DHC und als Generalprobe vor dem Saisonstart am 29.11.gegen den RTHC Leverkusen. Zudem gastierten die Domstädterinnen bei Uhlenhorst Mülheim. Insgesamt also etwas Zeit neue Automatismen im veränderten KTHC-Kader einzustudieren.
Ziele und Saisonstart
,,Unser Ziel ist immer, dass wir jedes Spiel gewinnen. Wenn wir dann deutscher Meister werden, ist das super, aber zu diesem frühen Zeitpunkt ist es schwer schon eine Einschätzung zu geben“, hält sich KTHC-Cheftrainer Markus Lonnes noch mit einer generellen Zielsetzung zurück. Klar sollte sein, dass das Viertelfinale schon drin sein müsste, es bleibt aber abzuwarten, wie lange das junge KTHC-Team braucht, um sich aufeinander abzustimmen.
Zum Saisonstart am kommenden Samstag gastieren um 14 Uhr die Aufsteigerinnen vom Club Raffelberg in der Hockeyhalle im Rewe-Sportpark. Team und Verein würden sich bei ihrer Saisonpremiere über viele Zuschauer freuen. Am Sonntag geht es dann zum ersten Mal in diesem Spätherbst auf Auswärtsfahrt nach Krefeld, wo man ebenfalls um 14 Uhr in der Glockenspitzhalle auf den CHTC trifft.
Alle Spiele werden live gestreamt, allerdings wieder auf dem Kanal von Rot-Weiss Köln, da DYN nur die Rechte für die Feldsaison besitzt. Sollte es auch vom Sonntag einen Stream geben, wird dies zeitnah auf der Vereinshomepage bekanntgegeben.
Es ist also angerichtet für eine etwas andere, aber sicherlich wieder sportlich hochwertige und atmosphärisch tolle Hallenhockey Bundesligasaison. Hoffentlich am Ende mit einer Beteiligung der KTHC-Damen am Final Four in Frankfurt am Main.
Ich werde wieder alle Spiele verfolgen und jedes Spielwochenende möglichst zeitnah am Sonntag, spätestens am Montag die Spielberichte zur Verfügung stellen. Viel Erfolg an die KTHC-Damen und uns allen eine schöne Hallenhockey Bundesligasaison 2023/24!